Konkurrenz für Wikipedia
Larry Sangers Citizendium
Wikipedia ist das gemeinsame Projekt der beiden US-Amerikaner Jimmy Wales und Larry Sanger und wurde vor sechs Jahren gegründet. Bereits ein knappes Jahr später trennten sich die beiden Wikipedia-Gründer im Streit. Sanger wurde einer der schärfsten Kritiker des Online-Lexikons. Er bestreitet vehement, dass das Prinzip der kollaborativen Artikelerstellung, wie von Wales immer und überall behauptet, am Ende zwangsläufig zum perfekten Lexikonartikel führen werde. Seine These: Die Kontrolle durch die Nutzer funktioniert nicht. „Bei Wikipedia setzt sich im besten Fall der Konsens der Massen durch, im schlechtesten Fall der fanatischste Nutzer“, meint Sanger. Beides sei für die Verlässlichkeit eines Lexikons fatal. Über Fakten könne man nun mal nicht diskutieren, abstimmen erst recht nicht. "Die Distanz von der Erde zum Mond lässt sich nicht bestimmen, indem man viele Leute danach fragt, wie weit sie die Entfernung einschätzen, sondern indem man sie misst."
Kein unkontrolliertes Wachstum
Im September 2006 kündigte Sanger auf der Berliner Tagung Wizard of OS 4 ein Gegenprojekt zur Wikipedia an: Citizendium, ein Online-Lexikon, das zwar ebenfalls von vielen Freiwilligen auf der ganzen Welt inhaltlich getragen werden soll, das aber – ganz anders als die „alte“ Wikipedia – ausschließlich von Experten geschrieben und redigiert werden soll. Vandalismus, Spam und gefälschte Artikel soll es in der Citizendium nicht geben. Statt unkontrolliert gewachsener Beiträge werden nur Artikel von ausgewiesenen Experten aufgenommen, die von den „normalen“ Nutzern nicht geändert werden können. Ob sich Citizendium durchsetzen und neben der Wikipedia als Expertenlexikon bestehen kann, bleibt abzuwarten. Derzeit sucht Sanger in der Wirtschaft Unterstützung für sein Projekt.
Amazon eröffnet Amapedia
Keine finanzielle Unterstützung braucht Online-Buchhändler Amazon für sein Wiki namens Amapedia. Das Projekt, das kürzlich Amazon-untypisch völlig unspektakulär und ohne Presserummel auf der US-Webseite des Buchversenders gestartet wurde, reiht sich in die bewährte Amazon-Strategie ein, die Kunden möglichst genau zu durchleuchten und ihre Vorlieben, Interessen und Neigungen in Kaufgelüste umzuwandeln. Jeder Amazon-Kunde kann sich bei Amapedia einloggen und über Produkte seiner Wahl schreiben, was ihm gerade einfällt. Dass Amazon solche personalisierten Informationen mit Kusshand nimmt, um seine Kundenprofile damit weiter zu verfeinern, erwähnt der Online-Händler nicht.
„Authentische Produktwerbung“
„Auf der Webseite teilen wir Informationen über die Dinge, die wir am meisten mögen“, schreibt Amazon und freut sich selbstverständlich auch über die zusätzliche Werbung für die Produkte aus seinem Sortiment. Amapedia lebt von seinem Web-2.0-Appeal, der darauf beruht, dass nutzergenerierte Inhalte besonders glaubhaft wirken. Sie sind „authentischer“ als jeder von Amazon verfasste Werbetext und sollen Kunden dazu animieren, die beschriebenen und kommentierten Produkte zu kaufen. Da schadet es überhaupt nichts, wenn die Kunden dann auch wirklich authentisch, also völlig „frei von der Leber weg“ kommentieren und manchen Produkten von Apple oder Microsoft das Attribut „defective by design“ (von Grund auf fehlerhaft) verpassen. Im Gegenteil verstärken solche Kommentare die Glaubwürdigkeit von Amapedia um ein Vielfaches – und machen dieses kundengenerierte Projekt zu einem wunderbaren Werbeinstrument.
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