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Lizenz zum Schmunzeln
Glosse der Woche

Lizenz zum Schmunzeln No.229
Allerbeste Referenzen

Das Corpus delicti...Offen, ehrlich, treu - von alledem war Harry Weber stets das Gegenteil gewesen. Und wenn ihm nicht das Wasser bis zum Hals gestanden hätte, er hätte sicher nie auf Ritas Heiratsinserat geschrieben. Aber Harry hatte sich verspekuliert, die Gläubiger hatten sich bei ihm die Klinke in die Hand gedrückt und Harry nur noch eine Wahl gelassen: Rita oder Harakiri.

Harry liebte sein Leben und hatte Rita gewählt. Es hatte lang gedauert, bis sein Herz damals nur noch für Rita schlug. Trotzdem erzählte Harry später gern, es sei Liebe auf den ersten Blick gewesen. Dass es der erste Blick auf Ritas Konto gewesen war, der Harrys Leidenschaft seinerzeit entflammt hatte - solche Nebensächlichkeiten behielt er selbstverständlich gern für sich!

Harry war ein gerissener Geschäftsmann. Er liebte Glücksspiele, schnelle Autos und andere Frauen. So ein Draufgänger kann eigentlich nur eines spektakulären Todes sterben, aber Harry starb zuhause beim Rasieren! Das Kabel seines Rasierapparates war defekt, die Kupferdrähte lagen frei, und Harry traf der Schlag. Für die Polizei war es ein tragischer Unfall, und Harrys Akte wurde bald geschlossen - mit anderen Worten: Rita hatte den perfekten Mord begangen! Sie hatte Harrys Tod exakt geplant. Sogar an die Lebensversicherung hatte sie gedacht: fünfhunderttausend, bei Unfalltod das Doppelte...

"Ich möchte das Geld spenden!", erklärte Rita, als sie vier Wochen nach Harrys plötzlichem Ableben Besuch von Robert Maler, ihrem Versicherungsvertreter, bekam.

"Sie haben sich das reiflich überlegt?", fragte Robert Maler und musterte Rita mit professionellem Misstrauen.

"Mir liegt nichts an dem Geld", flüsterte Rita, faltete die Hände und blickte zu Boden. "Es bringt mir meinen Gatten nicht zurück."

Auf die Versicherungssumme war Rita nicht angewiesen. Denn ihre Firma schrieb seit Jahren schwarze Zahlen. Das hatte Robert überprüft. Aber waren nicht oft diejenigen am gierigsten, die das Geld eigentlich nicht nötig hatten?!

"Wann wird das Geld ausbezahlt?", fragte Rita, als sie Robert Maler zur Tür begleitete.

"Bald", schwindelte Robert wie gewöhnlich. "Sie können sich auf mich verlassen!"

Als kleiner Junge wollte Robert Pilot oder Lokomotivführer werden. Aber Brillenträger dürfen keine Flugzeuge fliegen, und auch die Lokomotiven fuhren heute andere. Statt dessen wühlte er in der schmutzigen Wäsche fremder Leute. Gewiss, die Prämien flossen reichlich, wenn Robert einem Schwindler auf die Schliche kam. Trotzdem hasste Robert seinen Job. Das einzige, was ihn noch hielt, war, dass er mit seinen fünfzig Jahren auf dem Arbeitsmarkt bereits zum alten Eisen zählte.

Robert Maler war ein Profi. Er besorgte sich die Akten über Harrys Tod, prüfte Ritas Aussage, bis er sie auswendig kannte, und klopfte sie auf Widersprüche ab.

"Es war zehn vor neun", hatte Rita zu Protokoll gegeben, "als ich einen Schrei von oben aus dem Badezimmer hörte..."

Roberts LupeOben habe sie ihren Gatten leblos vorgefunden und gleich den Notarzt angerufen. Schon fünf Minuten später war der Notarztwagen eingetroffen. Robert begutachtete die Fotos, die der Polizeifotograf geschossen hatte. Er studierte jede Einzelheit, stutzte und holte eine Lupe...

Mit Männern hatte Rita wirklich wenig Glück. Erst das Pech mit Harry, und nun das Pech mit Robert! Natürlich hatte ihr die Heirat keiner übelgenommen. Sie brauchte ja dringend einen neuen Geschäftsführer, und Robert Maler hatte sich bei ihr beworben. Zuerst als Geschäftsführer, dann als Ehemann.

"Welche Qualifikationen haben Sie?", hatte sie Robert beim Einstellungsgespräch gefragt.

"Die allerbesten! Und ausgezeichnete Referenzen!", hatte Robert sanft gelächelt und die Polizeifotos von ihrem toten Gatten auf den Tisch gelegt. "Sehen Sie die Armbanduhr? Als ihr Gatte zu Boden fiel, ist das Uhrenglas zersprungen, die Uhr ist stehen geblieben. Exakt um sieben Uhr dreißig!" Er blickte Rita treuherzig an. "Und nun erklären Sie mir bitte, warum Sie über eine Stunde gewartet haben, bis Sie den Notarzt angerufen haben!"

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© Alfred Krüger http://www.akrue.de/